Verlust der Arbeitskraft, existenzielles Risiko?
Der treibende Motor im Leben eines Menschen ist die Gesundheit und dessen Arbeitskraft. Sie ist Kapital und Existenzgrundlage zugleich und vermag es finanziellen Wohlstand teilweise über Generationen hinweg zu schaffen und zu erhalten. Und doch kann es ganz leicht passieren, dass unser wichtigstes Kapital verloren geht. Dabei muss es nicht einmal ein Unfall sein, der unsere Sicherheit bedroht. Krankheiten des Bewegungsapparates, des Herz-Kreislauf-Systems und psychische Erkrankungen stehen bei der Verminderung der Arbeitsfähigkeit ganz oben auf der Liste. Schon eine längere Krankheit kann sich in der Folge vermindernd auf die Arbeitsfähigkeit auswirken.
Doch mit welchen Leistungen können Sie im Ernstfall rechnen? Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten für einen Leistungsbezug bei Arbeitsunfähigkeit: Die staatliche Vorsorge aus der gesetzlichen Sozialversicherung und eine private Vorsorgemöglichkeit in Form einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BUV).
Leistungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung: Vor der Bewilligung eines Pensionsantrags ist eine Rehabilitationsmaßnahme verpflichtend in Anspruch zu nehmen. Diese verfolgt in erster Linie die erfolgreiche Wiedereingliederung des Arbeitnehmers in den Arbeitsmarkt. Danach entscheidet eine ärztliche Begutachtung ob Invalidität/Berufsunfähigkeit noch vorliegt und in welchem Ausmaß. Dazu wird die Leistungsfähigkeit des Antragstellers in seinem ausgeübten Beruf an der Leistung eines gesunden Arbeitnehmers gemessen.
Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) unterscheidet unter anderem nach den Gruppen Arbeiter, Angestellte und Gewerbetreibende/Bauern.
Arbeiter – Invaliditätspension: Zu der Beurteilung verminderter Arbeitsfähigkeit wird diejenige Tätigkeit herangezogen, welche während der letzten 15 Jahre mehr als 90 ASVG-Beitragsmonate lang vor dem Stichtag ausgeübt wurde. Kann diese Tätigkeit aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit, ausgelöst durch körperliche oder geistige Gebrechen und gemessen an der Leistung eines gesunden Arbeitnehmers nur noch zur Hälfte erbracht werden, gilt der Versicherte als invalid.
Bei Arbeiter wird zusätzlich unterschieden in angelernte und nicht angelernte Berufe. Wobei bei der Ausübung eines angelernten Berufes ein Berufsschutz besteht und der Versicherte bei Arbeitsunfähigkeit nur auf weitere Berufe innerhalb seiner Berufsgruppe verwiesen werden darf.
Bei Arbeitsunfähigkeit und vorangegangener Ausübung eines nicht erlernten Berufes besteht kein Berufsschutz und dem Versicherten darf jede andere zumutbare Tätigkeit zugewiesen werden. Das bedeutet, dass der Versicherte nur dann als invalid eingestuft wird, wenn er tatsächlich keine der infrage kommenden Tätigkeiten, auch mit äußerst geringem Anforderungsprofil, ausüben kann.
Angestellter – Berufsunfähigkeitspension: Bei Angestellten wird statt der Invalidität die Berufsunfähigkeit beurteilt. Dies ist lediglich eine Änderung der Begrifflichkeit, abgesehen davon gelten die gleichen Kriterien wie bereits bei den Arbeitern angeführt. Wie der Arbeiter bei Ausübung erlernter Berufe hat der Angestellte in jedem Fall einen Berufsschutz und darf lediglich auf andere Tätigkeiten innerhalb derselben Berufsgruppe verwiesen werden.
Gewerbetreibende und Bauern – Erwerbsunfähigkeitspension: Bei Gewerbetreibenden und Bauern wird die Arbeitsunfähigkeit als Erwerbsunfähigkeit bezeichnet. Ein Berufsschutz ist dabei erst ab dem vollendeten 50. Lebensjahr gegeben. Bei Bauern sogar erst ab dem 57. Lebensjahr und bei Erfüllung gewisser Voraussetzungen. Bis dahin können Tätigkeiten mit geringstem Anforderungsprofil zugewiesen werden, was der Stellung eines Hilfsarbeiters gleichkommt.
Seit 1. Jänner 2008 gibt es für diese Gruppe die neue Selbstständigenvorsorge. Sie gilt verpflichtend für Gewerbetreibende und die „Neuen Selbstständigen“. Bauern können diese freiwillig in Anspruch nehmen, zuständig ist für sie die SVA für Bauern. Im Falle einer Erwerbsunfähigkeit besteht damit ab Inanspruchnahme einer Eigenpension ein Verfügungsanspruch bei der gesetzlichen PVA.
Leistungen aus der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (BUV): Zur Abdeckung des Invaliditätsrisikos können, unbeschadet der Leistungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung, zusätzlich private Vorkehrungen getroffen werden. Dies geschieht in Form einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung. Sie bietet bei Arbeitskraftverlust oder Berufsunfähigkeit eine Rente zur finanziellen Absicherung ohne Rehabilitationspflicht. Je nach Versicherungsbedingungen und Versicherer kann sogar auf das Verweisungsrecht, auf andere Tätigkeiten innerhalb derselben Berufsgruppe, verzichtet werden.
Berufsunfähigkeit ist im Rahmen der BUV dann gegeben, wenn die versicherte Person infolge Körperverletzung, Kräfteverfalls oder Krankheit nicht mehr in der Lage ist, der bisher ausgeübten Tätigkeit nachzugehen. Die Arbeitsfähigkeit muss im Vergleich zu einem gesunden Arbeitnehmer dauerhaft um mindestens 50 % gemindert sein.
Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ): Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich hier um einen unselbstständigen Zusatz zu einem bereits bestehenden Hauptvertrag. Diese BUZ wird gerne kombiniert mit Lebens-, Pensionsversicherungen oder Risikolebensversicherungen. Die Hauptfunktion der BUZ besteht dann in der Sicherung der monatlichen Beitragszahlungen im Schadensfall. Es kann aber ebenso zu der Betragsbefreiung im Rahmen der BUZ zusätzlich eine Rentenzahlung vereinbart werden, wobei die BUZ dann wie eine selbstständige BUV der Absicherung bei Invalidität dient. Vor- und Nachteile einer BUZ sind, gemessen an der aktuellen Lebenssituation, immer gesondert zu prüfen und zu berücksichtigen.
Es ist leicht erkennbar, dass die Absicherung der Berufsunfähigkeit äußerst komplex ist. Rentenhöhe, Laufzeit und Gesundheitszustand sind nur einige der Fragen, die eine kompetente und auf individuelle Bedürfnisse abgestimmte Beratung erfordern. Dennoch ist die private Berufsunfähigkeitsversicherung eine der wichtigsten Versicherungen überhaupt, denn sie sorgt für eine Minderung des existenziellen Risikos und eine stabile Absicherung bereits bestehender Werte.
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Über den Autor: Clemens Reitz
Staatlich geprüfter Versicherungsmakler, geprüfter und zertifizierter Risikomanager, ausgebildeter Gefährdungsanalyst (HACCP), Anwender der Engpasskonzentrierten Strategie nach Prof. h.c. Wolfgang Mewes (1924-2016), Conference-Speaker. Gründer und Geschäftsführer RIVEST Management Gruppe, Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist das strategische Risiko- und Versicherungsmanagement von nationalen und internationalen Unternehmen.